"Es soll im Institut hohe Rücklagen aus den vergangenen Jahren geben"
Generell und zur Online-Berichterstattung der APA (vom 14.4.2011) und des ORF (vom 15.4.2011) über diese Mutmaßung und die Halbierung der gesetzlich vorgeschriebenen Mittel für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark muss klar festgehalten werden:
1/ Bei den gern zitierten "Rücklagen" wird aus Unkenntnis oder möglicherweise sogar als Kalkül darauf vergessen, dass es sich bei den vorhandenen Geldern einerseits
– zum Großteil – um
a) zweckgebundene Gelder handelt, für die bereits (auf Empfehlung des Fachbeirats, danach des allgemeinen Förderbeirats der A9 und in Folge der Freigabe der Mittel durch die Steiermärkische Landesregierung) genehmigten künstlerischen Projekte,
andererseits – zu einem kleineren – Teil um
b) eine Summe für Unvorhersehbares, wie z.B. die – ebenso gesetzlich verankerte – Reparatur, Wartung und Erhaltung der künstlerischen Arbeiten, bei Vandalismusschäden, Umweltschäden etc.
ad a)
Zum Verständnis der zweckgebundenen Gelder darf folgendes angemerkt werden:
• KünstlerInnen, Gemeinden, Initiativen etc. tragen Projektvorschläge an das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, das auch selbst Konzeptionsarbeit betreibt, heran.
• Diese Kunstprojekte werden meist gemeinsam mit den ProjektantInnen aufbereitet, um sie – mehrmals jährlich – dem Fachbeirat für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark vorzulegen.
• Dieser spricht die Empfehlung mit Projektbudgetsummen oder die Nicht-Empfehlung zu jedem einzelnen eingebrachten Projekt aus.
• Per Protokoll der Fachbeiratssitzung wird daraufhin die Kulturabteilung des Landes Steiermark (A9) über die Empfehlungen, Nicht-Empfehlungen und empfohlenen Projektsummen informiert.
• Die Kulturabteilung wiederum legt diese Unterlagen dem allgemeinen Förderbeirat des Landes Steiermark in einer Sitzung vor, an der auch ein Mitglied des Fachbeirats für KiöR und ein Mitglied des Instituts für KiöR teilnehmen, um einerseits die künstlerischen Vorhaben vorzustellen, andererseits inhaltliche wie auch sonstige Fragen der Mitglieder des allgemeinen Förderbeirats beantworten
zu können.
• Das Ergebnis dieser Sitzung, also die Empfehlungen mit Budgetsummen, wird über die A9 mittels eines Regierungssitzungsantrags der Regierung zur Beschlussfassung vorgelegt.
• Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Regierung diese Projekte beschließt, wird für jedes einzelne Projekt eine Kostenstelle (man stelle sich darunter so etwas wie ein eigenes Projektkonto vor) eingerichtet und die zugesprochene, genehmigte Geldsumme ist ab diesem Zeitpunkt zweckgebunden und gewidmet, also für nichts Anderes verfügbar/vergebbar, auch, wenn – klarerweise – noch nicht
"ausgegeben".
Der Grundirrtum resultiert aus folgender Tatsache: es existieren zwei komplett unterschiedliche Modelle der Finanzabwicklung.
1) Die allgemeinen Förderbeträge für Kunst- und Kulturförderungen werden der Einreicherin / dem Einreicher nach Genehmigung auf ihr/sein Konto überwiesen, zu einem von der A9 festgesetzten Zeitpunkt wird das Projekt im Nachhinein abgerechnet.
Nicht so bei Kunst im öffentlichen Raum Steiermark!
2) Im Rahmen von KiöR wurde, um in erster Linie die KünstlerInnen und Künstler bei den administrativen und verrechnungstechnischen Agenden zu unterstützen, ein anderes Modell ins Leben gerufen: die bereitgestellten Gelder sind auf dem Konto von Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, weil die einzelnen Rechnungen im Zuge der Projektrealisierung ausschließlich über das Instituts-
Konto laufen. Die auf diesem Konto befindlichen Geldmittel werden aus Unkenntnis oder möglicherweise sogar aus Kalkül fälschlicherweise als "Rücklagen" kommuniziert, bzw. damit verwechselt.
Tatsächlich befinden sich auf diesem Konto (abgesehen von den Verwaltungskosten) aber Gelder, die ausschließlich für diese genehmigten und zu realisierenden Projekte gewidmet und dementsprechend zweckgebunden sind.
Im Rahmen von Kunst im öffentlichen Raum Steiermark wurden von und mit KünstlerInnen teils sehr kurzfristige Projekte durchgeführt, andererseits aber auch permanente und prozessorientierte sowie mit künstlerischen Wettbewerben verbundene Arbeiten. Als Beispiele seien angeführt:
• Umgestaltung des Grazer Marienplatzes (Wettbewerb)
• Das mit Bezug zur Gegenwart ausgeschriebene Erinnerungszeichen an das ehem. KZ-Nebenlager von Mauthausen in Aflenz an der Sulm (laufendes Projekt: Recherchebeginn 2006, halbjährliche inhaltliche Neuerstellung des Screen-Magazins im "Wächterhaus")
• Jochen Gerz / 63 Jahre danach – eine künstlerische Arbeit mit der Öffentlichkeit, (seit 2008, in Zusammenarbeit mit dem Künstler wird nun eine – damals im Zuge des Gesamtprojekts genehmigte – Publikation erstellt)
Diese Beispiele bedingen – wie viele andere derzeit in Arbeit befindlichen Projekte – allesamt notwendigerweise mehrere Projektphasen mit dementsprechend teils über Jahre laufenden Abrechnungszeiträumen. Die Gelder dafür scheinen am Konto zwar auf, sind aber definitiv zweckgebunden (von der Regierung genehmigt).
Einfach gesagt: Erst wenn alle Rechnungen zu einem Projekt über das KiöRInstitutskonto bezahlt sind, kann die Kostenstelle zu diesem Projekt geschlossen werden. Wird nicht die ganze genehmigte Projektsumme verbraucht, fließt sie wieder in den Pool und steht den Beiräten für die Empfehlung anderer Kunstprojekte zur Verfügung.
In den Jahren 2006 bis 2008 wurde der jährliche Betrag von 1 Mio. Euro gesamt auf das Kunst im öffentlichen Raum Steiermark-Konto überwiesen, was zur Folge hatte, dass sich „sichtbar viel Geld“ auf dem KiöR-Konto befand.
Seit 2010 werden erst NACH Beendigung der Kunstprojekte die bewilligten Gelder angewiesen werden.
Das heißt, dass die Projekte vom KiöR-Konto vorfinanziert werden müssen.
Vorgesehen war der Beschluss, dass bereits jeweils nach Bewilligung der einzelnen Projekte durch die Regierung die Gelder freigegeben werden sollen.
Das Ersuchen zur diesbezüglichen Beschlussänderung wurde seitens des Instituts bereits an Herrn LR Buchmann kommuniziert.
2/ Wenn der Direktor des Universalmuseum Joanneum – wohl stellvertretend für den Kulturreferenten – verkündet, dass die Kürzungen verkraftbar seien, steht er im krassen Gegensatz zur Meinung der KünstlerInnen:
Für sie stehen plötzlich € 500.000 weniger zur Verfügung. Der immer wiederholte plakative Slogan "Die Großen retten die Kleinen" greift nur dann, wenn man die KünstlerInnen als "die Großen" bezeichnet.
Abschließend sei dabei nochmals auf die gesetzlich verankerte 1%-Regelung verwiesen, wofür die Gelder nicht aus dem eigentlichen Kulturbudget, sondern aus den Beträgen, die jährlich für Baumaßnahmen des Landes verwendet werden, lukriert werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Fenz für das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark