Am heutigen Tag (13.April 2011) wurden mir als Leiter des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark vom Direktor des UMJ, Dr. Wolfgang Muchitsch, offiziell folgende Veränderungen, die Kunst im öffentlichen Raum und das für die Umsetzung der Projekte und weitere damit in Zusammenhang stehende Agenden per Regierungsbeschluss (vom 23.Oktober 2006) gegründete Institut betreffend mitgeteilt:
1/ Das Institut soll in eine von Dr. Elisabeth Fiedler geleitete 10. Abteilung des Joanneums, gemeinsam mit dem Skulpturenpark, eingegliedert werden.
2/ Die finanziellen Landes-Zuschüsse sollen drastisch von € 1.000.000 auf € 500.000 gekürzt werden. Dieser Betrag versteht sich inklusive Verwaltungskosten.
Ad 1: Damit verliert das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark seine im Regierungsbeschluss ausdrücklich festgehaltene Selbständigkeit, die u.a. darin besteht, dass der Leiter des Instituts sowie seine Mitarbeiter/innen in allen inhaltlichen Angelegenheiten im Bereich Kunst im öffentlichen Raum gegenüber der Geschäftsführung des Joanneums weisungsfrei gestellt ist.
Ad 2: Die Speisung des Fonds Kunst im öffentlichen Raum Steiermark ist per Gesetz vom 24.Mai 2005 über die Förderung der Kultur und der Kunst in der Steiermark ebenso definiert wie das grundsätzliche Prozedere:
§ 7 Förderung der Kunst im öffentlichen Raum
(1) Die für Kunst im öffentlichen Raum und für Bauvorhaben des Landes oder die Förderung von Bauvorhaben anderer Rechtsträger jeweils zuständigen Mitglieder der Landesregierung vereinbaren auf Grundlage der im Landesvoranschlag für Bauvorhaben enthaltenen Voranschlagsstellen für das einzelne Kalenderjahr einen Pauschalbetrag für die Förderungen von
1. Kunst im öffentlichen Raum (wie bildende und darstellende Kunst, Literatur, Musik, interdisziplinäre Kunstformen der Gegenwart) und die
2. damit verbundenen Tätigkeiten (wie Betreuungsaufgaben, Vermittlung von Kunst, Dokumentation, Wartung).
(2) Bei der Vereinbarung des Pauschalbetrages ist auszugehen von:
1. den voraussichtlichen Gesamtkosten für Bauvorhaben des Landes, die im laufenden Kalenderjahr beauftragt werden sollen und
2. dem voraussichtlichen Gesamtbetrag von Finanzierungsbeiträgen des Landes für Bauvorhaben der Steiermärkischen Krankenanstalten GesmbH sowie der Landesimmobiliengesellschaft oder anderer Rechtsträger, die zur Gänze oder mehrheitlich im Landeseigentum sind,
3. bei Leasingbauten des Landes oder der in Z. 2 genannten Rechtsträger von den voraussichtlichen jährlichen Leasingraten ohne Finanzierungskosten.
(3) Unter Bauvorhaben sind zu verstehen:
1. Errichtung von Hochbauten und Umbauten daran einschließlich Maßnahmen zur Wiederherstellung oder Verbesserung der Qualität;
2. Neubau von Landesstraßen und Baumaßnahmen an Landesstraßen, die eine Neutrassierung oder eine Veränderung der Trasse oder an der Trasse zum Gegenstand haben;
3. Errichtung und Ausbau von Landesbrückenbauten;
4. Maßnahmen und Beiträge der Schutzwasserwirtschaft.
(4) Wird bis 30. April des laufenden Kalenderjahres nicht Einvernehmen über einen höheren Betrag erzielt, ist zumindest 1 % aus den Beträgen gemäß Abs. 2 für den Fonds für Kunst im öffentlichen Raum bereitzustellen.
(5) Der Förderbeirat gemäß § 9 berät die Landesregierung bei der Vergabe der Mittel des Fonds für Kunst im öffentlichen Raum. Insbesondere erarbeitet er unter Einbeziehung der Fachexpertinnen/Fachexperten Vorschläge zur Vergabe der Mittel und zur Auswahl der Künstler und Künstlerinnen, die zu Wettbewerben oder zur Realisierung von Projekten geladen und mit ihnen beauftragt werden sollen. Zu Sitzungen des Beirates, welche künstlerische Projekte im Rahmen von Bauvorhaben gem. Abs. 3 betreffen, können auch Personen von Seiten der Bauplanung und des Bauherren bzw. der Nutzerinnen/Nutzer zugezogen werden.
§ 8 Fonds für Kunst im öffentlichen Raum
(1) Zur Finanzierung der im § 7 vorgesehenen Kunst im öffentlichen Raum wird als Sondervermögen des Landes ein Fonds errichtet.
(2) Dieser Fonds wird aus öffentlichen Mitteln und privaten Spenden gespeist.
(3) In diesen Fonds sind jährlich die Mittel gemäß § 7 Abs. 1 bzw. § 7 Abs. 4 einzubringen. Bei Leasingbauten, Bauten der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. sowie Baumaßnahmen der Landesimmobiliengesellschaft oder anderer Rechtsträger, die zur Gänze oder mehrheitlich im Landeseigentum sind, ist eine entsprechende Mitteleinbringung in den Fonds für Kunst im öffentlichen Raum vertraglich zu vereinbaren.
Das Institut für Kunst im öffentlichen Raum wurde bis dato über keine Gesetzesänderung informiert und stellt aus diesem Grund folgende Fragen:
1/ Seit wann und von wem sind die Paragrafen 7 und 8 des Steiermärkischen Kultur- und Kunstförderungsgesetzes 2005 außer Kraft gesetzt?
2/ Sind Änderungen per Regierungsbeschluss betreffend die Zuständigkeiten und die Verantwortlichkeiten im Bereich Kunst im öffentlichen Raum erfolgt? 3/ Ist das Finanzierungsmodell von Kunst im öffentlichen Raum per Gesetz geändert worden?
4/ Sind die "Umtriebe" der Kunst im öffentlichen Raum, die sich mit aktuellen Fragen bis in kleine Gemeinden oder bis nach Novi Sad vorgewagt hat, zu unbequem und zu viel geworden?
5/ Muss deshalb die Kunst von nun an als Bummelzug durch den öffentlichen Raum fahren und können daher interessante und engagierte Künstlerinnen und Künstler nicht mehr professionell be-fördert werden?
Werner Fenz
Leiter des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark
"Es soll im Institut hohe Rücklagen aus den vergangenen Jahren geben"
Generell und zur Online-Berichterstattung der APA (vom 14.4.2011) und des ORF (vom 15.4.2011) über diese Mutmaßung und die Halbierung der gesetzlich vorgeschriebenen Mittel für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark muss klar festgehalten werden:
1/ Bei den gern zitierten "Rücklagen" wird aus Unkenntnis oder möglicherweise sogar als Kalkül darauf vergessen, dass es sich bei den vorhandenen Geldern einerseits
– zum Großteil – um
a) zweckgebundene Gelder handelt, für die bereits (auf Empfehlung des Fachbeirats, danach des allgemeinen Förderbeirats der A9 und in Folge der Freigabe der Mittel durch die Steiermärkische Landesregierung) genehmigten künstlerischen Projekte,
andererseits – zu einem kleineren – Teil um
b) eine Summe für Unvorhersehbares, wie z.B. die – ebenso gesetzlich verankerte – Reparatur, Wartung und Erhaltung der künstlerischen Arbeiten, bei Vandalismusschäden, Umweltschäden etc.
ad a)
Zum Verständnis der zweckgebundenen Gelder darf folgendes angemerkt werden:
• KünstlerInnen, Gemeinden, Initiativen etc. tragen Projektvorschläge an das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, das auch selbst Konzeptionsarbeit betreibt, heran.
• Diese Kunstprojekte werden meist gemeinsam mit den ProjektantInnen aufbereitet, um sie – mehrmals jährlich – dem Fachbeirat für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark vorzulegen.
• Dieser spricht die Empfehlung mit Projektbudgetsummen oder die Nicht-Empfehlung zu jedem einzelnen eingebrachten Projekt aus.
• Per Protokoll der Fachbeiratssitzung wird daraufhin die Kulturabteilung des Landes Steiermark (A9) über die Empfehlungen, Nicht-Empfehlungen und empfohlenen Projektsummen informiert.
• Die Kulturabteilung wiederum legt diese Unterlagen dem allgemeinen Förderbeirat des Landes Steiermark in einer Sitzung vor, an der auch ein Mitglied des Fachbeirats für KiöR und ein Mitglied des Instituts für KiöR teilnehmen, um einerseits die künstlerischen Vorhaben vorzustellen, andererseits inhaltliche wie auch sonstige Fragen der Mitglieder des allgemeinen Förderbeirats beantworten
zu können.
• Das Ergebnis dieser Sitzung, also die Empfehlungen mit Budgetsummen, wird über die A9 mittels eines Regierungssitzungsantrags der Regierung zur Beschlussfassung vorgelegt.
• Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Regierung diese Projekte beschließt, wird für jedes einzelne Projekt eine Kostenstelle (man stelle sich darunter so etwas wie ein eigenes Projektkonto vor) eingerichtet und die zugesprochene, genehmigte Geldsumme ist ab diesem Zeitpunkt zweckgebunden und gewidmet, also für nichts Anderes verfügbar/vergebbar, auch, wenn – klarerweise – noch nicht
"ausgegeben".
Der Grundirrtum resultiert aus folgender Tatsache: es existieren zwei komplett unterschiedliche Modelle der Finanzabwicklung.
1) Die allgemeinen Förderbeträge für Kunst- und Kulturförderungen werden der Einreicherin / dem Einreicher nach Genehmigung auf ihr/sein Konto überwiesen, zu einem von der A9 festgesetzten Zeitpunkt wird das Projekt im Nachhinein abgerechnet.
Nicht so bei Kunst im öffentlichen Raum Steiermark!
2) Im Rahmen von KiöR wurde, um in erster Linie die KünstlerInnen und Künstler bei den administrativen und verrechnungstechnischen Agenden zu unterstützen, ein anderes Modell ins Leben gerufen: die bereitgestellten Gelder sind auf dem Konto von Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, weil die einzelnen Rechnungen im Zuge der Projektrealisierung ausschließlich über das Instituts-
Konto laufen. Die auf diesem Konto befindlichen Geldmittel werden aus Unkenntnis oder möglicherweise sogar aus Kalkül fälschlicherweise als "Rücklagen" kommuniziert, bzw. damit verwechselt.
Tatsächlich befinden sich auf diesem Konto (abgesehen von den Verwaltungskosten) aber Gelder, die ausschließlich für diese genehmigten und zu realisierenden Projekte gewidmet und dementsprechend zweckgebunden sind.
Im Rahmen von Kunst im öffentlichen Raum Steiermark wurden von und mit KünstlerInnen teils sehr kurzfristige Projekte durchgeführt, andererseits aber auch permanente und prozessorientierte sowie mit künstlerischen Wettbewerben verbundene Arbeiten. Als Beispiele seien angeführt:
• Umgestaltung des Grazer Marienplatzes (Wettbewerb)
• Das mit Bezug zur Gegenwart ausgeschriebene Erinnerungszeichen an das ehem. KZ-Nebenlager von Mauthausen in Aflenz an der Sulm (laufendes Projekt: Recherchebeginn 2006, halbjährliche inhaltliche Neuerstellung des Screen-Magazins im "Wächterhaus")
• Jochen Gerz / 63 Jahre danach – eine künstlerische Arbeit mit der Öffentlichkeit, (seit 2008, in Zusammenarbeit mit dem Künstler wird nun eine – damals im Zuge des Gesamtprojekts genehmigte – Publikation erstellt)
Diese Beispiele bedingen – wie viele andere derzeit in Arbeit befindlichen Projekte – allesamt notwendigerweise mehrere Projektphasen mit dementsprechend teils über Jahre laufenden Abrechnungszeiträumen. Die Gelder dafür scheinen am Konto zwar auf, sind aber definitiv zweckgebunden (von der Regierung genehmigt).
Einfach gesagt: Erst wenn alle Rechnungen zu einem Projekt über das KiöRInstitutskonto bezahlt sind, kann die Kostenstelle zu diesem Projekt geschlossen werden. Wird nicht die ganze genehmigte Projektsumme verbraucht, fließt sie wieder in den Pool und steht den Beiräten für die Empfehlung anderer Kunstprojekte zur Verfügung.
In den Jahren 2006 bis 2008 wurde der jährliche Betrag von 1 Mio. Euro gesamt auf das Kunst im öffentlichen Raum Steiermark-Konto überwiesen, was zur Folge hatte, dass sich „sichtbar viel Geld“ auf dem KiöR-Konto befand.
Seit 2010 werden erst NACH Beendigung der Kunstprojekte die bewilligten Gelder angewiesen werden.
Das heißt, dass die Projekte vom KiöR-Konto vorfinanziert werden müssen.
Vorgesehen war der Beschluss, dass bereits jeweils nach Bewilligung der einzelnen Projekte durch die Regierung die Gelder freigegeben werden sollen.
Das Ersuchen zur diesbezüglichen Beschlussänderung wurde seitens des Instituts bereits an Herrn LR Buchmann kommuniziert.
2/ Wenn der Direktor des Universalmuseum Joanneum – wohl stellvertretend für den Kulturreferenten – verkündet, dass die Kürzungen verkraftbar seien, steht er im krassen Gegensatz zur Meinung der KünstlerInnen:
Für sie stehen plötzlich € 500.000 weniger zur Verfügung. Der immer wiederholte plakative Slogan "Die Großen retten die Kleinen" greift nur dann, wenn man die KünstlerInnen als "die Großen" bezeichnet.
Abschließend sei dabei nochmals auf die gesetzlich verankerte 1%-Regelung verwiesen, wofür die Gelder nicht aus dem eigentlichen Kulturbudget, sondern aus den Beträgen, die jährlich für Baumaßnahmen des Landes verwendet werden, lukriert werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Fenz für das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark