Kunst im öffentlichen Raum hat einen entscheidenden "Wettbewerbsvorteil" gegenüber künstlerischen Arbeiten, die innerhalb des auratisierenden und hierarchiegeprägten Systems von Museen und Ausstellungsinstitutionen präsentiert werden. Sie taucht – meist unvermittelt – im Lebensumfeld der potentiellen BetrachterInnen auf und bezieht vor Ort Stellung zu den Themen, die sie ansprechen will.
Jene Barrieren, die in ihrer Wirkung mit dem Begriff Schwellenangst verbunden werden, sind im öffentlichen Raum außer Kraft gesetzt, wenn künstlerische Interventionen "undercover" gegen unsere Alltagswahrnehmung antreten.
Hierin liegt die große Chance der Kunst im öffentlichen Raum, aber auch ein Risiko. Abgesehen von der Reizfülle, mit der man in visuell und akustisch überbesetzten Bereichen des Öffentlichen konfrontiert wird, ist es nicht zu leugnen, dass auch diese Spielart gegenwärtiger Kunstproduktion ihre BetrachterInnen vor jene Herausforderungen des zweiten Blicks stellt, die mit jeder anspruchsvollen künstlerischen Arbeit, die internationalen Qualitätsmaßstäben gerecht wird, verbunden sein müssen.
In diesem Sinne kann Kunst im öffentlichen Raum auch nicht demokratisch sein. Ziel ist nicht eine dogmatische "Kunst für alle". Die Entscheidungen über die Auswahl künstlerischer Positionen können und dürfen nicht einfachen Mehrheitsgrundsätzen folgen. Fachgremien entscheiden hier wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens.
Das selbstverständliche Ziel muss also sein, den (neugierig gewordenen) interessierten BetrachterInnen Vermittlungsmedien wie Informationsfolder, eine Website, o.ä. mit der gebotenen Sensibilität für die verwendete Sprache und die "Dosierung" der Information zur Verfügung zu stellen oder KünstlerInnengespräche, Diskussionsforen, Rundgänge und Rundfahrten anzubieten.
Charakteristisch für den Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum sind die (Vermittlungs)Gespräche, die in den Phasen der Konzeption und Vorbereitung von Projekten mit Menschen aus den verschiedensten (öffentlichen) Bereichen geführt werden, in der Zusammenarbeit mit BürgermeisterInnen und Gemeindevorständen genauso wie etwa mit Managern von Einkaufszentren.
Liegt der Schwerpunkt auf gesellschaftsrelevanten Projekten, wie in der Tätigkeit des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, ist auch der Ansatz partizipatorischer Konzepte als eine unmittelbar wirksame Form der Arbeit mit Kunst und deren Vermittlung ein durchaus aktueller und legitimer.
Birgit Kulterer